Auf Hochtouren

Die Erkenntnis, dass der Mensch regelmäßige Bewegung braucht, um nicht rostend und adipös sein Dasein zu fristen, versuchten wir nicht erst im Monat März in beinahe täglichen sportlichen Betätigungen umzusetzen. Holger zog es mit der Besteigung unseres Hausbergs eher in luftige Höhen. Ich zog es meist vor, im Tal zu joggen oder 10 000 Schritte zügig zu gehen. 

Zum „Dia del Padre“, dem spanischen Vatertag am 19. März, machte sich Holger dann auch noch ein ganz besonderes Geschenk. Er verschwandt einfach für 3,5 Stunden, um die erweiterte Hausbergbesteigung zu zelebrieren. Vor drei Tagen wiederholten wir gemeinsam diese anstrengende Berg“tortour“, allerdings mit gefüllten Wasserflaschen im Gepäck. Dabei fiel uns auf, dass dank der kräftigen Regenschauer der vergangenen Wochen selbst die trockenste Felswand nun mit üppigem Grün bedeckt ist.

Die lange erfolglose Suche nach passendem Schuhwerk für Holger hielt uns ebenfalls immer wieder mächtig auf trapp. Da sich seine deutschen Deichmann-Latschen nach mehrmaligen Klebemaßnahmen nun doch nach und nach nicht mehr reparieren ließen, wollten wir Ähnliches in den Schuhgeschäften der Insel kaufen. Ich stellte es mir recht einfach vor, was es aber letztendlich nicht war. Hier kauft man entweder Badelatschen, Flip-Flops, Latschen mit Plastiksohle oder Plastiklatschen. Der Spanier trägt sowieso überwiegend Turnschuhe. Somit mussten wir lange und mehrfach suchen, bis wir im Laden eines deutschen Inhabers ein Paar Lederlatschen in den Händen hielten. Trotz des eigentlich unverschämten Preises griffen wir, nicht nur ums Geld erleichtert, zu.

Eine sehr erfreuliche Ankündigung brachte uns ebenfalls ordentlich in Schwung. Unser Sohn Peter meldete seinen Besuch mit Frau Anne und den Enkeltöchtern Ida und Paula an. Eine aufgeregte Zeit der Vorbereitungen begann. Einkaufen, das Wohnmobil wieder bewohnbar machen, das Boot beräumen und für den Familieneinzug das dort Umherliegende verstauen! Am Ende war alles und auch wir ziemlich erledigt. 

Nach einer fast schlaflosen Nacht der vorfreudigen Aufregung hielten wir unsere Lieben am 26. März auf dem Flughafen von Santa Cruz de La Palma in den Armen. Ein ganzes halbes Jahr war vergangen, in dem wir uns nur über Telefon gehört oder Videotelefon gesehen hatten. Unsere kleine Enkeltochter Paula kannten wir mehr oder weniger nur über den Bildschirm, da sie erst im vergangenen Sommer zur Welt kam. Umso gespannter waren wir auf dieses neue Familienmitglied. Aus dem Kindergartenkind Ida war mittlerweile eine kleine Vorschuldame geworden, die bereits zählen und ihren Namen schreiben konnte. 

Mit der Umstellung der Uhren auf Sommerzeit mussten auch wir unseren Biorhythmus umstellen auf quirlige Besucherzeit. 

Mit Ida versank ich von nun an täglich in so manch geheimnisvoller Rollenspielwelt. Wir reisten mit dem Spielplatzholzschiff nach Mallorca, legten dort erfolgreich im Hafen von Palma an. Wir entdeckten sehr geheime Geheimgänge mit dunklen Unterführungen und pflückten reife Bananen vom Strauch. Wir sangen den Straßenkatzen das „Miau- Schlaflied“, wovon diese allerdings nicht besonders begeistert schienen. 

Wir besuchten den Hexenwald und entdeckten den Hexentanzplatz. Durch dichten grünen Dschungel kamen wir zu den Hexenpicknickbänken und dem Hexenschlafbaum. Unmittelbar daneben gab es einen Wasserhahn, aus dem frisches Zauberwasser kam. Am Abend hörten wir dann noch die passende Hexengeschichte mit Bibi und Tina zum Einschlafen und ein verhext guter Tag nahm sein Ende. 

Auch Opa Holger wurde auf Hochtouren gebracht. Mutig und ganz ohne Schwimmhilfen ging Ida mit ihm ins tiefe Wasser, wobei Opas Rücken als sicheres Transportmittel durchs salzige Nass diente. Auf dem Gepäckträger des Mifas sitzend, drehte Ida mit ihrem Großvater die eine oder andere Fahrradrunde durch den großen Hafen. Auf der hohen Hafenmole balancierte die kleine Ballerina und ließ sich von der Gischt der hohen Wellen besprühen und vom Opa den Sonnenuntergang zeigen. 

Wir spielten „Uno“ und „Mensch-ärgere-dich-nicht“, „Bäckerladen“ und „Erzieherin“.

Paula zeigte besondere Freude beim „Bitte-Danke-Spiel“. „Opa-heb-auf“ und „Winkewinke“ kamen auch mächtig gut an. Außerdem entpuppte sie sich als perfekte Testesserin, die nahezu alles genüsslich probierte und mit einem lauten Hmmm! (= Lecker!) bejubelte. Da Banane und Avocado ganz oben auf ihrem Speiseplan standen, war sie auf La Palma genau am richtigen Ort.

Eine schöne Woche ging viel zu schnell ihrem Ende entgegen und so verabschiedeten wir die Vier am 2. April tränenreich auf dem Flughafen, aber natürlich nicht ohne mit Ida noch die geheimen Rolltreppen bis in den Keller und unters Dach des Flughafenterminals erkundet zu haben.

Wer weiß, wann wir uns das nächste mal sehen?!

Nun liegt schon wieder eine Woche Zweisamkeit hinter uns, die besonders für Holger wenig entspannt, aber umso arbeitsreicher war. 

Eine kleine, aber permanent sich erneuernde Wassermenge in der Bilge zwang ihn dazu, unseren Wassertank zu öffnen und erneut abzudichten. Das bedeutete, wir hatten für mehrere Tage kein fließend Wasser aus den Wasserhähnen. Dank des Wasserschlauchs, der immer angeschlossen auf Deck liegt, stellte uns das allerdings vor keine größeren Probleme.

Wir dachten über den Neuerwerb eines Gasherdes nach, da unser jetziger doch die eine oder andere Verschleißspur zeigte. Außerdem gefiel mir der Gedanke, zukünftig mit Elektrozündung und Grill zu arbeiten. Allerdings musste ich mir auch eingestehen, dass ich momentan sowieso nicht mit Gas koche (Im Hafen haben wir kostenlosen Strom.) und überhaupt seltenst einen Backofen benutze. Also machte Holger sich ans Werk und überarbeitete unseren Bordherd gründlich. Nach Reparatur und Putzvorgang ist er nun wieder fast wie aus dem Laden und die rund 900,00 Euro für das Modell meiner Wahl verbleiben auf unserem Konto.

Gestern muckerte plötzlich unser Tablet. Es ließ sich trotz des angeschlossenen Ladenkabels nicht mehr über 30 Prozent vollpowern. Da wir dieses Gerät dank Flatrate zum Telefonieren und dank GPS zum Navigieren benutzen, ist es besonders wertvoll für uns. Also machten wir uns hoffnungsvoll auf den Weg zum spanischen Fachhändler. Nach einer Viertelstunde Wartezeit kam dann auch ein passender Mitarbeiter vorbei, der sich unseres Problems annahm, es aber nicht lösen konnte oder wollte. So dachten wir zumindest. 

-Der Akku wäre nicht kaputt und er könne ihn ohne Spezialwerkzeug auch gar nicht wechseln. Er glaube auch eher an ein defektes Kabel. Und die passende neue Schutztasche für das Gerät sollen wir doch besser bei Amazon oder Ebay bestellen.- 

Wir fühlten uns etwas abgewimmelt. Als wir aber den Ladeversuch mit einem neuen Kabel starteten, merkten wir rasch: Der Teufelskerl hatte ja recht! Perdon, Herr Eletromarktfachangestellter! 

Wie es bei uns nun weitergeht? 

Bis Mitte Mai werden wir auf jeden Fall noch auf unserer Lieblingsinsel bleiben. Dann wollen wir unbedingt eine längere Segeltour starten. Bis dahin hat sich hoffentlich auch das momentan noch recht unstete Wetter mit regelmäßigen Wochenendstürmen und ziemlich unterkühlten Winden etwas beruhigt.