Neues von der „Isla Bonita“

Ja, da sind wir noch immer! Immer noch auf La Palma. Updaten wir unseren momentanen Status im Vergleich gesehen zu unseren Plänen, so stellen wir fest, dass wir jetzt eigentlich auf Madeira sein müssten. Aber so ist das mit der Planerei:“Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt!“

Was ist passiert? Hier eine kleine Zusammenfassung der letzten Wochen.

 

Das Wetter

Nach frühlingshaftem „Warm“ sind wir nun mittlerweile beim sommerlichen „Sehr Warm“ angekommen. Das Entscheidende dabei ist die Veränderung des Windes. Er ist nicht mehr kühlend, sondern nun eher wie ein lauwarmer Föhn. Holger hat unser Sonnendach übers Achterdeck gespannt. Alle Luken auf Aplysia sind weit geöffnet. Unser Miniventilator arbeitet auf Dauerbetrieb. Getränke werden nur noch stark gekühlt getrunken. Gestern habe ich mir als eine weitere Maßnahme einen Fächer zum Wedeln gekauft. Das tägliche Hafenbad mit anschließender Außendusche ist ein fester Bestandteil im Tagesprogramm geworden. Es ist Sommer auf den Kanaren mit Wassertemperaturen im Hafen von um die 24 Grad.

 

Wanderungen

Dem veränderten Wetter geschuldet, steht Wandern nicht mehr auf unserer Tagesordnung. Über die Mittagszeit verkriechen wir uns eher unters Sonnensegel oder direkt ins Schiff. Dennoch werden wir täglich in den späten Abendstunden aktiv. Entweder geht es auf den Hausberg oder ich jogge durch das Hafengelände.

Einige Touren führten uns über die noch nicht fertiggestellte Umgehungsstraße von Tazacorte zu den Lavafeldern, die gleich hinter dem Ort beginnen. Mittlerweile hat man schon eine begeh- und befahrbare Piste über die erste und durch die zweite Gesteinszunge angelegt, allerdings eigentlich!nur für Anwohner und Bananenbauern.

Als wir an einem Wochenende quasi illegal das Lavagestein überquerten, wurde uns ganz heiß unter den Schuhsohlen. Außerdem wehte uns der Wind einen seltsamen Brandgeruch über die zerklüftete schwarze Oberfläche zu. Gespenstisch ruhige und teilweise noch verlassene Wohnhäuser lagen inmitten unbewässerter und somit toter Bananenplantagen. Komischerweise standen noch zahlreiche weiße Bananenzelte, denen scheinbar weder die Lavaglut noch die damit verbundene extreme Hitze etwas anhaben konnten. Vor dem dritten Gesteinsfluss war dann allerdings Schluss für uns. Es wird wohl noch länger dauern, bis es hier mal wieder ein Durchkommen geben kann.

 

Ausflüge

Mit dem Womo haben wir uns einmal das ganze Ausmaß der Vulkanverschmutzung von Süden her angeschaut. Berge von schwarzer Asche wurden hier bereits aufgetürmt und der Kampf der Bevölkerung gegen den Schmutz erschien uns endlos. Wie soll man sich in diesen Häusern wieder wohlfühlen können, solange jeder Luftzug erneute Asche durch jegliche Ritze ins Gebäude und in jede Hautpore presst, solange man den Staub einatmet und er einem die Augen verklebt? Ein Trauerspiel! Und trotzdem wurde überall gefegt und aufgeräumt. Die ersten Bewohner waren bereits mit ihren Haustieren zurückgekehrt. Mutige hängten ihre Wäsche zum Trocknen in den Aschewind. Welche Alternative bleibt ihnen auch?!

Am vergangenen Sonntag sind wir in den Norden der Insel gefahren. Der dortige Bauernmarkt in Puntagorda ist ein regelmäßiger Anlaufpunkt für Einheimische, Zugezogene und Touristen. Man kann sich vor die große Markthalle setzen, seine Einkäufe verzehren, dabei einem Straßenmusiker lauschen, das bunte Volk beobachten oder sich am Durcheinanderklang der vielen spanischen Stimmen erfreuen. Genau das haben auch wir getan!

Die meisten unserer Womo-Touren dienten allerdings Besorgungen und Einkäufen. Mittlerweile ist „Palmafruit“ eines unserer Lieblingsgeschäfte geworden. Hier bekommen wir frisches Obst und Gemüse, das überwiegend auf La Palma angebaut wird. Wir lieben Bananen, Papayas, Tomaten und Avocados. Diese Leckereien verdrängen die deutsche Wurst so nach und nach aus unserem Speiseplan.

Auch per Aplysia haben wir einen Ausflug vor die Hafenmauer unternommen. Dabei bekamen wir sogar die Rückenflossen eines Delfinpaares zu sehen. Außerdem zogen einige Spanische Galleren mit ihren bläulichen Segelluftblasen und langen Tentakeln an uns vorüber. Es ist schon ein ganz besonderer Anblick, den der Vulkankegel mit seinen erkalteten Lavaströmen vom Wasser aus bietet! Wir erfassten das Ausmaß der Verwüstungen noch einmal aus einer anderen Perspektive.

 

Der Vulkan

Eigentlich müsste man den noch immer qualmenden Kegel „die Vulkania“ nennen, denn er erhebt sich mit seinem länglichen Loch und gerundeten Abhängen doch sehr weiblich vulgär über die westliche Insellandschaft. Er lässt nach wie vor, mal mehr mal weniger sichtbar, giftige Gaswolken entweichen, die dank des relativ konstanten Windes vorzugsweise in südwestliche Richtung abziehen. Das bedeutet aber wiederum, dass die Bewohner des Urlauberortes Puerto Naos noch immer evakuiert sind und mit den zahlreichen Ferienwohnungen und Hotels im Ort kein Geld zu verdienen ist. Außerdem fehlt der dortige Strand. Dementsprechend voll ist es nun immer bei uns am Strand von Tazacorte. Zu Ostern hat man keinen Fuß mehr auf die schwarzen Sandkörner setzen können. Ein bunter Sonnenschirm reihte sich an den nächsten. So viele überwiegend spanische Familienbesucher genossen das schöne Wetter am Meer.

Der Vulkan sitzt tief im Gedächtnis der Insulaner und hat ihnen neben der Coronazeit ein Stück ihrer Unbeschwertheit geraubt. Es gibt wohl keine Familie, die nicht direkt oder indirekt von der Naturkatastrophe betroffen ist. Wir lernten Kristina kennen, die eigentlich mit ihrer Tochter in einer Wohnung in Puerto Naos lebt, nun aber in einer Ferienwohnung auf ihre Rückkehr in die eigenen vier Wände wartet. Die momentanen Aussichten sind diesbezüglich nicht wirklich gut.

 

Kultur

So langsam kommen kulturelle Ereignisse auf der Insel wieder in Gang. Und das eine oder andere Häppchen konnten auch wir schon genießen.

Am letzten Abend im April tanzt man ja eigentlich in den Mai. Und so bretzelten wir uns bestmöglich für das „Book&Rock“- Fest in Los Llanos auf. Versprochen war uns eine Mischung aus Konzerten einheimischer Künstler, Lesungen und kurzen Theaterstücken. All das fand im Freien ohne vorherige Ticketbestellung statt. Prima! Die Veranstaltung war mäßig besucht, also auch kein zu enger maskenloser Kontakt. Für den Anfang bestens! Nur tanzbar war leider nix. Und so begnügten wir uns mit Zuhören und Applaudieren. Auf der Nachhausefahrt kamen wir noch an einer Tanzveranstaltung vorbei. Allerdings war mir beim Anblick der sich eng aneinander schiebenden Tänzerinnen und Tänzer nicht ganz wohl und die Corona- Angstfalle schnappte zu.

Einige Tage später machten wir uns auf den Weg zur anderen Seite der Insel. Oberhalb von Santa Cruz war schon seit einigen Tagen ein großes Zirkuszelt aufgebaut. Die Werbung kündigte einen kubanischen Wasserzirkus an, was sich vielversprechend anhörte.

Mit großer Vorfreude setzten wir uns also auf unsere Plätze. Wir waren unter den ersten Besuchern an diesem Abend und erwarteten mitten in der Woche ein mäßig gefülltes Zelt. Jedoch mit dem Ansturm, der kurz darauf einsetzte, hätten wir, auch aufgrund der recht teuren Tickets, nicht gerechnet. Letztendlich blieben nur wenige Plätze leer. Unglaublich auch, wie die Stimmung in der Zirkusarena praktisch von Null auf Hundert Fahrt aufnahm, als der erste Auftritt angesagt wurde. Mitreißende Salsaklänge, fantastische bunte Kostüme und vor allem eine bemerkenswerte Akrobatik rissen uns mit und entführten uns in eine wunderbare Wasserwelt. Ein wirklich witziger Clown schaffte es, nicht nur die Kinder zum Lachen zu bringen. Inmitten der kraftvollen spanischen Begeisterung um uns herum, war das ein gelungener Abend voller Glücksgefühle.

 

Reparaturen und Ersatzteile

Eigentlich wollten wir schon öfter den Hafen für eine Ausfahrt auf Aplysia verlassen haben. Beim letzten Versuch, hatten wir auch schon alles klar. Jedoch: Holger startet den Motor, bewegt das Steuerrad und erkennt, dass die Lenkung nicht reagiert. Nach Öffnen des Motorraums, stellt er fest, dass das Hydrauliköl nicht mehr in den entsprechenden Leitungen, sondern in Aplysias Bauch umherfließt. Großes Problem! Großer Schweinkram! Anstrengende Tage für Holger! Stundenlang auf dem Bauch liegend, musste er die rote Ölflut in den Tiefen des Schiffes beseitigen, das Leck in der richtigen Kupferleitung finden und diese dann auch noch passend herausschneiden. Nach Beendigung dieser Tätigkeiten hatte er mit Bauchschmerzen der ganz besonderen Art zu kämpfen.

Aber auch ich hatte meinen Anteil erbracht. Die Ölpest wabberte nämlich ebenfalls durch die Tiefen unterhalb enger Schränke und Kisten. Kopfüber und mit ausgestreckten Armen steckte ich meinen Körper in diese Bereiche hinein, sodass nur noch Popo und Beine herausschauten. So konnte ich mit vollem Körpereinsatz die dortige Sauerei beseitigen.

Herausfordernd ist auch immer wieder die Suche nach einem Ort auf der Insel, wo man die passenden Ersatzteile bekommt. Nach einigem Hin und Her ist es uns aber auch diesmal gelungen, die passende Werkstatt für unser Problem zu finden. Und dann ging alles recht schnell! Momentaner Stand der Dinge: Problem gelöst. Einbau gelungen.

Ein weitere Sorge ist allerdings immer noch akut. Sie beschäftigt uns nun schon seit Beginn des Monats April. Da haben wir nämlich bei SVB in Bremen eine Bestellung für Ersatzteile aufgegeben. Unter anderem benötigen wir einen Wasserfilter, den wir wieder ordentlich im System verbauen müssten und der hier auf der Insel nicht zu bekommen ist. Erfahrungsgemäß rechneten wir mit bis zu sechs Wochen Zustellungszeit für unser Paket. Wir rechneten aber nicht damit, dass die Sendung bis Madrid reisen und der dortige spanische Zoll fehlende Unterlagen bemängeln würde. Anstelle des Paketes erhielten wir dann also einen Brief, in dem uns das mit Bedauern kundgetan wurde. Und was passierte dann? Unsere Bestellung trat tatsächlich die Rückreise nach Deutschland an, wo sie bis heute noch nicht wieder angekommen ist.

 

Heute und wie weiter???

Heute ist bei uns tatsächlich ein sehr nachdenklicher Tag. Was machen wir nur mit dieser vermalledeiten Bestellung?

Wir wollen auf jeden Fall La Palma während des Sommers verlassen. Entweder weht uns ein günstiger Wind nach Madeira im Norden oder nach La Graciosa, eine kanarische Insel, die wir noch nicht kennen. Eigentlich wollten wir schon am 13. Mai mit Ablauf unserer Hafenmiete von hier wegsegeln. Eigentlich!!!

„Und erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt!“