Mittelmeercamping

Seit fünf Wochen sind wir nun bereits mit unserem LT unterwegs und seit dem 6.Oktober machen wir Bekanntschaft mit den unterschiedlichsten Formen des Campings entlang der Mittelmeerküste. 

In Frankreich mussten wir feststellen, dass die meisten Plätze zum 1.Oktober oder spätestens Mitte des Monats ihre Pforten schließen. Außerdem haben wir hier zum ersten Mal erlebt, dass Camping nicht gleich Stellplätze für Wohnmobil oder Wohnwagen bedeutet. Camping heißt manchmal eben auch : Auf diesem Platz kann ich mir einen von sehr vielen Bungalows mieten, aber Stellplätze "Nein, die haben wir hier nicht!"

In Spanien erlebten wir, dass der lärmunempfindliche Einheimische anscheinend kein Problem mit Camping an vierspurigen Straßen, unmittelbar neben Bahngleisen oder in Sichtweite einer Landebahn für Militärflugzeuge hat. 

Spanische Dauercamper zeigten uns, wie viele Personen und Hunde tatsächlich in einen einzigen Wohnwagen passen können und welchen Lärmpegel man durch entsprechende Wochenendbegeisterung in Verbindung mit ausreichend "Vino Tinto" erzeugen kann.  

Preislich waren wir zwischen 10,00 Euro und 21,00 Euro pro Nacht mit dabei und oft hatte der Preis nicht unbedingt Einfluss auf den dann zu erwartenden Service. 

Der 10,00 Euro Platz hatte einfach nur ein nettes  Nachsaisonangebot. Auf dem 21,00 Euro Platz gab es Vergleichbares zur Nutzung. 

Wir haben uns bei allen Stellplätzen um Strandnähe bemüht und das klappte meist auch. Nicht selten haben wir uns im Vorfeld auf Google Maps oder anderen Apps einen Platz rausgesucht und uns dann über dessen tatsächliche Lage und überzogene preisliche Vorstellung gewundert. Dann sind wir aber einfach weitergefahren, haben entweder irgendwo versteckt in der Pampa übernachtet oder es dem Zufall überlassen, vor welches Rezeptionsfensterchen er uns leitet. Bis hierhin hat das auch ganz gut funktioniert.

Der Service auf den Plätzen, besonders bezüglich der sanitären Einrichtungen, sorgte dann doch immer wieder für Überraschungen. Den meisten der Wohnmobilisten, als Camper möchte ich sie schon nicht mehr bezeichnen, scheint das sowieso "schiet"egal zu sein. Sie verlassen ihre rollenden Wohnhäuser höchstens für den Verdauungspaziergang oder um in den Kleinwagen, aufs Mofa oder im besten Falle noch aufs E-Bike umzusteigen. Kochen, Spülen, Duschen und Kacken werden im Womo erledigt. Einen unserer derzeitigen Nachbarn,  einen Franzosen,  haben wir nach drei Tagen zum ersten Mal zu Gesicht bekommen. Davor blieben alle Fenster seines Wohnbusses zugezogen und die Tür war verschlossen. Nur die Dachluke stand mal auf und mal zu und die Satellitenschüssel war ausgerichtet. Irgendwie gruselig! Was hat er da nur getrieben?!

Unser Zuhause auf Rädern ist zu klein, um sich den Eindrücken der Toiletten- und Duschhäuser zu entziehen und manchmal sind die nix für empfindliche Gemüter. In Frankreich wurde nicht nach Männern und Frauen getrennt. Dafür gab es einen Raum mit Babybadewanne. Süß!

Auf einem anderen Platz habe ich bei den Männern geduscht, da bei den Frauen nur kaltes Wasser aus der Leitung kam. Holger musste Schmiere stehen. Lustig!

Manchmal gab es nur kaltes Wasser zum Abwaschen. Ist nett mit fettiger Bratpfanne!

Dann fehlte es am Klopapier und man musste eigenes auf's Örtchen mitnehmen. Oder es mangelte einfach am Willen zur Reinigung. Momentan zum Beispiel stehen seit gestern Putzeimer, Putzmittel und Schrubber anwendungsbereit neben der Eingangstür. Soll der Gast vielleicht selbst Hand anlegen? Ich bin mir echt nicht sicher.

Im großen und ganzen ist der Service aber meist OK für die Nachsaison. 

Was man hier auf den Plätzen immer hat, ist gutes bis ausgezeichnetes WLAN. Diesbezüglich muss sich Deutschland echt verstecken!

Wir sind nun seit fünf Tagen im südlichsten Landesteil Spaniens, in Andalusien. Es soll mit 8,5 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Teil sein. Die meisten Menschen leben wohl am Meer, denn auf unseren kurzen Abstechern ins Landesinnere sahen wir kaum noch menschliche Ansiedlungen. Die Mehrzahl der dortigen Häuser waren verfallene Hütten, die von einem beschwerlichen Leben in der Vergangenheit zeugten. 

45% Andalusiens werden landwirtschaftlich genutzt. Dabei sollte man sich aber wohl nicht unbedingt blühende Felder vorstellen. Die Landwirtschaft heutzutage hat hier ein ganz anderes und viel hässlicheres Gesicht. In der Nähe von Almeria, unweit des Naturschutzgebietes, in dem wir uns momentan befinden, zeigt es sich. Das "Mar de Plastico" sind 35 000 ha voller Plastikzelte, in denen unser Billiggemüse, meist Tomaten, Gurken und Paprika, ganzjährig angebaut wird. 15 Cent ungefähr bekommt der Tomatenbauer für ein Kilo. Dafür kann er keine Arbeiter mit anständigen Arbeitsverträgen einstellen. Die 80 000 afrikanischen Arbeiter/-innen sind zur Hälfte illegal hier am Schuften. Sie können rechtlos ausgebeutet werden, bis sie sich, wenn sie recht lieb und mehr als fleißig gewesen sind, ihre Legalität nach drei Jahren "verdient" haben. 

Wir haben sie gesehen, als sie am Ende eines langen Arbeitstages aus einem Bus ausstiegen. Junge Frauen, ihre Köpfe komplett in Tücher eingewickelt, selbst die Münder bedeckt. Basecaps schützten sie vor der Sonne oder verdeckten noch den letzten Rest des hübschen jungen Menschen, der sich vielleicht auch darunter einfach nur verstecken möchte. Lange Hosen und darüber bunte Schürzen machen ihre Zuordnung zum Heer der Ausgebeuteten leicht. Sie verloren sich an diesem Tag in den Straßen der Stadt, haben wohl noch Glück, in einem schmutzigen Stadtteil in einer kleinen Wohnung leben zu dürfen. Immerhin soll es inmitten der Gemüseanbauzelte auch 60 Slums geben, wo eben jene Rechtlosen ohne Wasser und Strom im Schmutz hausen, deren Status noch unklar ist.

Was haben wir doch für ein Glück! 

Übrigens meine ich mit "wir" uns alle, die in Deutschland als Tomatenendkonsumenten solche miserablen Lebensverhältnisse nur erahnen können.

Und ich meckere über kaltes Wasser unter der Dusche!

Noch ein Blick nach La Palma: 

Letzte Nacht war der Vulkan wohl etwas beruhigter. Nach einer äußerst heftigen Erschütterung gab es auch keine weiteren schlimmen Erdbeben. Allerdings schießt er immer noch jede Menge Asche in die Luft und ist einfach nicht bereit, ganz und gar zu verstummen. Wir werden also weiterhin geduldig sein.