Adios Mittelmeer!

Die ersten Novembertage, die auch unsere letzten Tage am Mittelmeer werden sollten, waren von der grundsätzlichen Frage geprägt: Wie geht unsere Reise weiter? Sollen wir schon eine Fähre nach La Palma buchen oder warten wir weiterhin ab? Je ruhiger der Vulkan, allerdings nur scheinbar, wurde,  umso unruhiger wurde Holger. Jeder Bericht über die Vorgänge auf der Insel machte die dortige Situation für uns nur unklarer. Heute heißt es so, morgen plötzlich wieder anders. Klar ist bis zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich nur, dass der Vulkan, der von einem Blogger "Olaf" getauft wurde, immer noch Aktivität zeigt. Nach wie vor spuckt Olaf seine Lava aus oder schießt Aschewolken in die Höhe. Er verpestet mit seinen schwefelhaltigen Abgasen die Atemluft. Den Menschen auf der Insel wird zusätzlich zur FFP2-Maske das Tragen einer Schutzbrille empfohlen. Am besten sollen sie gar nicht ihre Häuser verlassen. Der Flughafen ist aufgrund der Verschmutzung immer wieder nicht ansteuerbar. Oft bleiben zur Sicherheit der Kinder Schulen einfach geschlossen. All das verlockt mich keinesfalls zu einem raschen Aufbruch von hier.

Am 2. November sind wir allerdings von unserem Stellplatz im bezaubernden Örtchen "Agua Amarga" aufgebrochen. Grund des Aufbruchs: Unser ziemlich aufgebrauchter Gasvorrat und die fehlende Aussicht, ihn auf unserem weiteren Weg durch Festlandspanien auffüllen zu können. Somit fuhren wir 100 km zurück zur angeblich einzigen Tankstelle in ganz Spanien, die deutsche Gasflaschen befüllen kann oder will. Die Merkwürdigkeiten setzten sich an diesem Tag noch fort. Nachdem der freundliche Tankstellenangestellte eine unserer Flaschen aufgefüllt hatte, war plötzlich sein Adapter kaputt und er konnte gar nix mehr für uns und unsere 2. Flasche tun. Wir hoffen sehr, dass unser Vorrat nun bis zu den Kanaren reicht. Dort ist das Wiederbefüllen dank "DISA" und unseren Vorkenntnissen nämlich kein Problem. Der Tag war irgendwie sowieso gebraucht und so beschlossen wir, den Rest mit weiteren sinnvollen Tätigkeiten, wie Wäschewaschen im Waschsalon, zu verbringen.

Nach dieser schweißtreibenden 3-stündigen Tätigkeit wollten wir uns eine romantische Nacht am Strand gönnen. Ein netter Stellplatz auf sandigem Boden mit garantiertem Sonnenaufgang war auch irgendwann gefunden. Bis wir das Schild mit dem nächtlichen Aufenthaltsverbot unter Androhung von Strafe entdeckten. Das zeigte Wirkung und wir stellten uns nur wenige Meter weiter an die Straße. Der Lärmpegel am Morgen motivierte uns dann allerdings zur zügigen Weiterfahrt, aber nicht ohne Sonnenaufgang über dem Meer natürlich. 

Am 5. November verlassen wir die recht schöne Gegend oberhalb von Almeria im äußersten Südosten von Spanien und setzen unsere Reise westwärts fort. Hier trifft der "Parque Natural" mit starkem Wildwestfeeling auf seinen krassen Gegensatz: das "Mar de Plastico". Der gigantische Wahnsinn der weißen, in der Sonne bis zum Horizont glänzenden Plastikgewächshäuser blendet meine Augen entsetzlich. Nicht umsonst nennt man es das Plastikmeer, denn der Übergang zum richtigen Meer ist fließend. Hier in der Region gibt es keine wasserführenden Flussläufe mehr. In einer der wärmsten und trockensten Gegenden des Landes entzieht man den Menschen auch noch das Grundwasser und dörrt es somit komplett aus. Wie lange wird das wohl noch gut gehen?

Am 6. November kommen wir Festlandafrika so nahe wie noch nie zuvor, denn wir verlassen an diesem Tag die Mittelmeerküste beim Affenfelsen von Gibraltar, ohne auch nur einen Fuß auf den Landzipfel der Brexitianer gesetzt zu haben. Wir rollen nördlich daran vorbei und steuern unser Womo nun etwas landeinwärts. 

Verlässt man die 5 km bebaute Uferzone bietet Spanien ein ganz anderes Bild. Das Hinterland ist zunächst eine gebirgige menschenleere "grüne Hölle". Das durch endlose Betonierung überreizte Auge kommt hier endlich mal zur Ruhe! Aus den Bergen werden Hügel und plötzlich, irgendwie unerwartet, erscheint vor uns Flachland mit endlosen, nun im Herbst natürlich abgeernteten, Feldern. Wir entdecken respektabel gehörnte schwarze spanische Stiere, stolze andalusische Pferde, Ziegen und Schafe auf großen Weideflächen. 

Und dann nähern wir uns plötzlich unserem Tagesziel: Sevilla.

Hier erwartet uns eine überraschende Begegnung mit Segelfreunden. 2017 haben wir uns auf Lanzarote kennengelernt und dank der modernen sozialen Medien nie so wirklich aus den Augen verloren. Jens und Silke kommen zu uns in den "Puerto Gelves", unserem neuen Stellplatz zwischen dem Fluss "Guadalquivir" und dem Yachthafen. Ganz klar: Wir haben uns eine Menge über die vergangenen Jahre zu erzählen.

In den kommenden Tagen werden wir uns nun auf diese doch recht große Stadt einlassen. Über diese Großstadterlebnisse schreibe ich das nächste Mal mehr.