Abschied vom Festland

Morgen werden wir uns auf den Weg machen, um uns erneut vom Festlandeuropäer zum Insulaner zu verwandeln. Unsere Reisestrecke vermessen wir dann für knapp 1,5 Tage nicht mehr in Kilometern, sondern endlich mal wieder in Seemeilen. Von Huelva bis nach Santa Cruz de Tenerife sind es ungefähr 700 Seemeilen. 

Der Himmel über uns zeigt heute schon seine tiefe Betroffenheit über unseren Abschied. Er heult seit einer Stunde stark unterkühlte Krokodilstränen. Es hilft ja nix! Die Reise zu unserer Aplysia muss nun endlich weitergehen. Geplant hatten wir 3-4 Wochen. Dass daraus Monate werden würden, konnten wir uns Ende September niemals vorstellen.  

Mit der freundlichen Marinaangestellten im Hafen von Tazacorte auf La Palma hatten wir vor wenigen Tagen bereits Email - Kontakt. Elsa erwartet uns und zwar "Pronto!". Das teilt sie uns sehr liebevoll mit und außerdem versichert sie uns noch, dass es unserem stolzen Schiff unter den gegebenen Umständen relativ gut geht. Sie beschimpft den "schmutzigen Olaf" und hat wahrscheinlich auch allen Grund dafür. Wir wissen nicht, wie betroffen sie und ihre Familie auf La Palma von den Zerstörungen des Kotzbrockens sind. 

So nach und nach kommt Olaf wohl nun doch zur Ruhe. Er hat ja auch genügend Aschedreck über die Insel verteilt, sodass er sich jetzt zufrieden zurücklehnen kann und mit ansehen, wie starker Regen seine Verwüstungen auf der Insel perfide perfektioniert. Asche plus Regen kann ein ziemlich gefährliches Gemisch ergeben. Es verstopft Abflüsse oder bringt Dächer zum Einsturz. Na, Olaf, bist du zufrieden mit deinem zerstörerischen Werk? 

Nun könnte ich auch noch auf die Corona-Zahlen in Deutschland und damit auch in Mecklenburg-Vorpommern schimpfen. Diesbezüglich sind wir aber einfach nur froh, unsere Reise zum jetzigen Zeitpunkt angetreten zu haben. Mit 2G+ haben wir hier noch! nichts zu tun. Die Zahlen in Spanien sind noch! moderat. Natürlich denken wir an unsere Familie und Freunde daheim und hoffen sehr, dass sie alle dank der Impfungen glimpflich durch diese erneute Welle kommen. 

Wenn wir gläubig genug wären, hätten wir am vergangenen Montag sicherlich diesbezüglich in der Wallfahrtskirche von El Rocio zur dortigen Heiligen Jungfrau "Blanca Paloma" ein Bittgebet gesprochen und eine Kerze entzündet. So haben wir uns aber einfach nur von diesem wundersamen Ort verwundern lassen. Bei unserem Besuch war er fast menschenleer. Nahezu alle Fenster und Türen der kleinen Häuser entlang der ausnahmslos sandigen Dorfstraßen waren fest verriegelt. Das Geisterdorf wirkte auf uns wie die perfekte Filmkulisse für einen Western. Und so verwunderte es uns überhaupt nicht, dass neben klapprig alten Jeeps auch Pferdekutschen bzw. Eselpferde(=Maultiere) als Transportmittel zur Verfügung standen. Verwundert waren wir nur, als wir über die wahre Bedeutung dieses Ortes informiert wurden. El Rocio ist tatsächlich ein berühmter Wallfahrtsort. Hier leben nur rund 800 Menschen. Ihre hauptsächliche Lebensgrundlage bilden alljährliche 14 Tage Ausnahmezustand immer an Pfingsten. Dann treffen sich hier nämlich mehr als eine Million Pilger. Sie schreiten, reiten oder fahren in El Rocio ein, vorbei an der schönen Kirche. Viele von ihnen gehören sogenannten Bruderschaften an, in deren Besitz auch die meisten Häuser des Ortes sind, die dann den Rest des Jahres  einfach leer stehen. Unglaublich, aber wahr! Die Statue der "Heiligen Jungfrau von Rocio" wird an den Pfingsttagen durch die Straßen des Ortes getragen und die Berührung mit ihr soll wahre Wunder bewirken. Deshalb wirft man ihr sogar die eigenen Kinder entgegen, damit diese erleuchtet, geheilt oder was auch immer werden.   

Wir erlebten einige Einwohner vor Ort als äußerst bestrebt, die wenigen Tagestouristen vom besonderen Wert des Kaufs eines Andenkens an El Rocio zu überzeugen. Das Essen in den Gaststätten wurde uns ebenfalls recht aufdringlich angepriesen. 

Das mögen wir nicht!

Unser Essen bereiten wir lieber selbst zu. Dafür müssen wir aber die Zutaten einkaufen. Also geht es mit Unterstützung von Google Maps zum nächsten Mercadona, meinem Lieblingssupermarkt. Schon verwundert über die seltsame Anzeige auf dem Tablet, aber trotzdem noch nichts Böses ahnend, schicke ich Holger mit unserem LT ohne Servolenkung hin und her durch die äußerst beengte Fußgängerzone von Almonte. Plötzlich stelle ich erschrocken fest, dass ich unbewusst die Fußgängereinstellung des Programms gewählt hatte. Fix und fertig und auf Nervenkrieg gebürstet, erreichen wir den Laden letztendlich mitten in der Stadt. Was für ein Sieg der künstlichen Intelligenz, und das ganz ohne Waffen!

Unsere nächste Reisegeschichte gibt es von den Kanarischen Inseln. Glaubt man den Vorhersagen, so wird das eine ziemlich schaukelige Fährüberfahrt mit Wind und vor allem viiiiel Welle. Mit unserer Aplysia hätten wir den Hafen unter diesen Bedingungen nicht verlassen. Grrrrh!