Mit Vollgas nach Teneriffa

Unser erstes Adventskerzlein konnten wir am 28.11. auf Teneriffa anzünden. Fünf Tage haben wir nun hier auf der Insel schon wieder verbracht und sind auch dieses Mal nicht wirklich warm mit ihr geworden. Dafür ist uns auf ihr aber warm geworden. Die Nachttemperatur schwankt hier um die 18 Grad herum. Auf dem Festland waren es zum Schluss nur noch sehr unterkühlte 6 Grad. Am Tage klettert das Thermometer auf bis zu 28 Grad in der Sonne. Einziges Haar in der Wettersuppe ist der Wind, und ich übertreibe nicht, wenn ich ihn hier als stürmisch bezeichne. 

Wer die Kanaren kennt, der weiß, dass man auf den Inseln alle Jahreszeiten mehr oder weniger gleichzeitig erleben kann. Wir sind in der windigen trockenen Sommerzone gelandet. Der Teide, der höchste Berg Spaniens, bietet den Winter, denn er hat bereits eine Schneemütze auf. Im Norden erlebt man momentan den Herbst mit vielen Wolken, die für üppige Regengüsse sorgen. Der Westen ist windabgewandt und damit hochsommerlich. Dieser Teil der Insel gehört den großen All-inclusive-Bettenburgen. 

Wie bereits erwähnt, werden wir auf unserem Campingplatz am Montaña Roja (=dt.: roter Berg) ordentlich durchgepustet. Er hat aber auch viele Vorzüge: Strandnähe, Pool, billige Waschmaschine, ordentliche Anzahl an Toiletten und warmen Duschen, ausreichend Klopapier, Hundeverbot, eigene Gaststätte.... Man kann es hier schon aushalten,  wenn man einen sonnigen Stellplatz erwischt. Wir sollen unseren übermorgen wegen einer Reservierung aber wieder eintauschen gegen Schatten und noch mehr Wind . Das passt uns nicht  und wir betrachten dies als Zeichen und notwendigen Schubs, um uns nach La Palma aufzumachen. Die Fähre ist für morgen gebucht und so werden wir uns noch vor Sonnenaufgang auf den kurzen Weg zum Fährhafen machen. Unsere Aufregung und Anspannung ist groß, denn der Vulkan "Stinkender Olaf" hat sein vernichtendes Werk noch nicht beendet. La Palmas Erde bebt noch immer spürbar und Olaf spuckt nach wie vor heißen roten Lavasirup in die Atmosphäre. Keine schönen Aussichten, aber wir können die Füße nun nicht mehr stillhalten. Am Sonntag sind wir 10 Wochen mit dem Womo unterwegs. Das ist schon eine Leistung, die gerne und verdient bewundert werden darf. Auf ca. 8 Quadratmetern Lebensraum wird eine Ehe auf eine interessante Toleranzprobe gestellt. Ich weiß nicht, ob 4 Quadratmeter für jeden von uns beiden noch dem Demeterstandard oder doch schon der Massentierhaltungsgröße entsprechen?! Holger findet auf jeden Fall, dass wir das bis hierhin, trotz kleinerer Blitz-und Donnerschläge, ganz gut gepackt haben. Dem stimme ich zu.

An dieser Stelle noch ein kleiner Rückblick auf die Fährüberfahrt von Huelva bis nach Santa Cruz de Tenerife:

Am 26.11 haben wir den Campingplatz "La Doñana" um 17.30 Uhr verlassen. Dort hat es uns wirklich richtig gut gefallen, Man kann dem Platz nur Daumen hoch für alle Bewertungskriterien geben. Zumindest in der Nachsaison!!! 

Ein kleiner Umweg zum Hafen von Huelva führte uns noch einmal die krassen Gegensätze des Landes vor Augen. Inmitten eines Naturparks breiten sich kilometerweit plastikzeltbedeckte Erdbeerfelder vor unseren Augen aus. Direkt daneben schnüffeln wir die Abgase von Hunderten von Chemiefabrikschloten. Beim Anblick der gewaltigen Industrieanlagen werden wir an das frühere Bitterfeld im Osten Deutschlands erinnert.

Und dann standen wir auch schon im Fährhafen von Huelva. Das dortige Einchecken verlief problemlos auf Englisch und Spanisch. No problema!

Und danach begann die Warterei, zum Glück mit Gasheizung an Bord. Draußen war es nämlich mitterweile dunkel und bibberkalt. Ein leuchtend grünes Stäbchen und eine Trillerpfeife verkündeten uns um 22.00 Uhr, dass die Warterei nun ein Ende hat. Der Stäbchenträger, der für Ordnung bei der Anfahrt zur Fähre sorgen sollte, konnte die aufgeregte Masse aber kaum bändigen. Schließlich ging es darum, Erster an Bord zu sein. Niemand erkannte, dass die Karten nur wenig später nochmals völlig neu gemischt wurden. Die Fahrzeuge wurden nach Größe und Bestimmungsort neu aufgereiht. Und so standen wir dann in unserer Wohnmobil- Reihe mit Ziel Teneriffa noch bis um 1.30 Uhr. Zum Glück mit Heizung und Toilette im Auto!! 

Mit 2 Stunden Verspätung verließ die "Marie Curie" Festlandspanien mit uns in ihrem Bauch. Aufgrund  unzureichender Vorbereitung unsererseits verpassten wir das überstürzte Aussteigen und anschließende Verriegeln der Ausgänge aus dem Autodeck. Der Panik nahe, denn der Geruch und die Geräusche verursachten bei mir eine solche, suchten wir nach einem Notausgang. Glücklicherweise konnten wir den auch finden.

Unseren Schlafplatz für 2 Nächte richteten wir uns auf dem harten Fußboden im Treppenhaus ein. Die Luxussessel zum Kippen waren natürlich alle längst besetzt. Zur Auswahl gestanden hätten noch gepolsterte Stühle und eine kurze Zweisitzer-Couch. Holger konnte sich gar nicht erinnern, jemals so hart geschlafen zu haben. Ich wurde an ein Erlebnis aus meiner wilden Jugendzeit erinnert. Tatsächlich gelangen uns in dieser Lage einige Stunden Schlaf, wenn auch mit ordentlichem Knochenschmerz bei unserer Auferstehung.

Die Zeit verging erst gar nicht und dann doch relativ schnell mit viel dumm gucken und zahlreichen Cafes con leche. Wir beobachten den Dogwalk ein Deck unter uns und sind nicht sonderlich entzückt über das, was wir sehen. Die Hunde müssen während der Überfahrt in speziellen Käfigen bleiben, dürfen aber regelmäßig für Pipi und Kaka aufs Zwischendeck. Ein Deck darüber können dann alle Passagiere Anteil am Anblick und Geruch des jeweiligen tierischen Geschäftes nehmen. Manchem Hund war das sichtlich peinlich und er litt trotz gezielter Massage seines Besitzers unter argen Verstopfungsnöten. 

Wir begegnen einer vierköpfigen deutschen Reisegruppe. Die Frau in der Runde erzählt uns, dass sie ihre Zelte in Deutschland abgebrochen hat und nun endgültig nach Teneriffa zu ihrem Mann zieht. Bisher ist sie immer hin- und hergependelt. 

Und dann war da noch Harald, der mit seiner gehbehinderten Frau nach La Palma will. Dort besitzt er einen ehemaligen Ziegenstall und sein kleines altes Womo. Er ist auf der Suche nach einem anderen rollenden Zuhause und bietet uns für unseren LT doch glatt ein paar Tausender an. Nein, Harald, wir machen kein Geschäft miteinander!

Während des Zwischenstopps auf Gran Canaria verlassen nicht nur viele Container und Passagiere die Fähre, sondern unser Schiff wird auch mit neuem Gas befüllt. Die "Marie Curie" ist die neuste Fähre der Fred Olsen Flotte und fährt nicht mit dreckigem Altöl, sondern etwas umweltfreundlicher mit Gas. Somit können wir etwas Gutes für unseren sogenannten ökologischen Fußabdruck tun.

Wir machen noch ein paar Fotos von den Hafenereignissen und vergessen dabei, meine auf einen Tisch abgestellte E-Zigarette. Und: Schwuppdiwupp, geklaut! Der Wert eines solchen Gerätes ist ca.60,00 Euro. Mich ärgert aber der Gedanke daran, überhaupt Opfer eines Diebstahls geworden zu sein, am meisten. Ich verdächtige noch kurz die komische Joint-Raucherin vom Nachbartisch, die so ganz unschuldig tut. Aber die Wahrheit aus ihr rausschütteln darf ich ja nicht.

Mit Verspätung verlassen wir Gran Canaria und erleben, dass man auch auf einer Fähre Schräglage schieben kann. Zwischen Gran Canaria und Teneriffa ballert der Wind erwartungsgemäß noch mal ordentlich, aber unser großes Schiff und auch wir stecken das gut weg.

Allerdings löst sich durch das Geschüttel auf einem der Fahrzeugdecks ein Transporter aus seinen Abstellklötzen. Dessen Fahrer hatte eindeutig die Handbremse nicht festgezogen. Und der Zufall will es, dass Holger ausgerechnet am Ort des bösen Geschehens vorüber geht. Mein Superman wirft sich mutig zwischen Auto und Schiffswand und kann so mit Bremsklötzen Schlimmeres verhindern. Ich bekomme vom Geschehen nichts mit, erschrecke mich aber, als zwei Besatzungsmitglieder hektisch an mir vorbeirennen. Hektische Besatzung ist weder auf einem Schiff noch in einem Flugzeug ein gutes Zeichen!

Unsere Überfahrt beendeten wir erfolgreich am 28.11. um 15.30 Uhr im bewölkten Santa Cruz de Tenerife. Zum zweiten Mal in unserem Leben haben wir diese Strecke nun auf dem Seeweg zurückgelegt. Beim ersten Mal betrug die Schiffslänge nur 12 Meter. An Bord gab es nur Holger und mich und die Überfahrt dauerte ca.6 Tage. Dieses Mal brauchten wir knapp 2 Tage auf einer ausgebuchten 180 Meter Fähre. 

Und nächstes Mal: Wiedersehensfreude mit Aplysia auf La Palma.