Erneute Grüße aus Spanien

So wie Katalonien, die nordöstlichste der spanischen Provinzen, schon seit Jahren nach Unabhängigkeit vom Rest des Landes strebt, so strebten auch wir, nachdem wir zwei "romantische" Zeltplatznächte direkt neben den Bahngleisen verbracht hatten, nach derselben. 

Eine warme Dusche, freies WLAN und 220 Volt sind zwar verlockend, aber Freiheit und ein ruhiges Plätzchen ohne ohrenbetäubenden Zugverkehr spornten uns zur Weiterreise am 12. Oktober, dem spanischen Nationalfeiertag, an. 

Nach fast 3 Stunden Fahrzeit auf beinahe  autofreien Straßen präsentierte sich uns plötzlich eine komplett andere und zunächst befremdliche Landschaft. Platt und nahezu baumlos lag sie da: die Ebene des Ebrodeltas. Im Süden Kataloniens gelegen, ragt sie ca. 20 km ins Meer hinein und dient vor allem einem Zweck: dem Reisanbau. Das hätten wir hier so nicht erwartet! Aber klar doch, Spanier lieben "Paella"! Und auf welcher Grundlage wird diese zubereitet? Reis! 75% des Deltagebietes dienen dem Reisanbau. Es gibt außerdem Salinen, Muscheln werden gezüchtet und reichlich Fisch ist auch vorhanden. Rührt man all diese Zutaten in einem Topf zusammen,  bekommt man was? "Paella"!

Die Landschaft jedenfalls erinnerte uns schon sehr an asiatische Reisfelder. Den Baustil der einfachen Häuschen der Deltabewohner haben wir allerdings an einem ganz anderen Ort der Welt schon mal so ähnlich gesehen, in der Karibik. Die kleinen, manchmal bunt angestrichenen Bungalows mit ihren überdachten Veranden davor, ließen uns in Erinnerungen an Kuba schwelgen. Und so erschien uns die katalanische Flagge zunächst auch als sehr kubanisch. Google verhalf uns jedoch zu rascher Erkenntnis.  

Dort, wo das Land dann wieder auf das Mittelmeer trifft, erwartet einen ein endlos breiter und einsamer Sandstrand. Wir ließen alle Hüllen fallen und warfen uns in die herrlich erfrischende Freiheit! 

Begrenzt wurde unser Hochgefühl nur durch ein Verbotsschild, das ziemlich eindeutig darauf hinwies, dass wir uns in einem Naturpark befanden, und das Campen hier unter Androhung von 400,00 Euro Strafe verboten war. 

Das Ebrodelta ist zu einem Drittel ein geschütztes Naturgebiet mit zahlreichen Vogelarten, die man auf den feuchten Reisfeldern in Scharen beobachten kann. Besonders im September und Oktober trifft man hier auf bekannte Zugvögel. Die touristische Vermarktung dieses Events scheint allerdings nicht angestrebt zu werden, denn Campingplatz, Hotels und Ferienwohnungen im angrenzenden Örtchen "Eucalyptus" waren verwaist. Gut für uns! Hier stellten wir unser Womo unbemerkt zur ruhigen Übernachtung in eine kleine Straße. 

Die Tage vergingen mit Baden, Strandgängen, einigen kleineren Mifa- Touren, Essen und Schlafen. Wir lebten einfach! 

Einzige Makel im Paradies: böswillige Fliegen und nervige Moskitos, die sich im Gras und im Schatten versteckten und nur auf Angriff gepolt waren.

Nach kurzer Bekanntschaft mit einer spanischen Autowerkstatt, in der Holger wieder selbst Hand anlegen durfte,  verließen wir die Einsamkeit des Flussdeltas, um uns zurück in die quirlige Zivilisation und auf unseren weiteren Weg gen Süden zu machen.

Übrigens: 

Unser erster Gedanke am Morgen und unser letzter am Abend gilt La Palma. Der Vulkan auf der Insel gibt noch immer keine Ruhe. Im Gegenteil, beängstigend kraftvoll ergießt er weiterhin seine Lava über das Ziel unserer jetzigen Reise. 

Wir haben mit unmittelbar betroffenen Freunden telefoniert, die sich auf der Insel aufhalten, und uns von einer raschen Anreise abraten. Ebenso tut es das Auswärtige Amt. 

Glücklicherweise haben wir das Gefühl, dass unsere "Aplysia" im Hafen von Tazacorte noch immer sicher liegt. Auch wenn die Nachrichten von täglichen Erdbeben, neuen Lavaströmen und anhaltenden Evakuierungen von Menschen, nun auch schon in Tazacorte, alles andere als beruhigend klingen. 

Wir hoffen und bleiben, wie immer, Optimisten!