Auf dem Trockenen stehen und schwitzen

Der September auf La Palma verabschiedet sich mit hohen Temperaturen und heißen Rhythmen. Das Fest der „Caballos Fufos“ ( dt.= „Verrückte Pferde“ ) lockt uns noch einmal den Berg hinauf ins Dorf von Tazacorte. Mit vielen Menschen um uns herum erfreuen auch wir uns an dem sehr ungewöhnlichen Treiben. Traditionell hängen sich Männer im fortgeschrittenen Alter bunte Papppferde um den Bauch und tanzen damit wild die Hauptstraße entlang. Der ausgelassene Umzug mit Musikkapelle und irgendwie immer den selben Liedern beginnt und endet am festlich geschmückten Rathaus. Wie bereits zur Eröffnung des Partymonats September gibt es ein kleines Feuerwerk vom Dach des Bürgermeisters aus. 

Nach der Präsentation der diesjährigen Schönheitskönigin und ihres Hofstaates spielt auf der Promenade des Ortes ein DJ auf zum Tanz. Er wird gegen 0.00 Uhr von einer typischen Inselband mit drei hopsenden Männern im Vordergrund abgelöst. Wir haben auch viel Freude am tänzerischen Herumhopsen. Allerdings geht uns gegen 2.00 Uhr die Puste aus und wir schweben mit summenden Waden in den Hafen hinab. Um 7.00 Uhr am nächsten Morgen wird Holger durch erneute Feuerwerksgeräusche aus seinem Schlaf gerissen. Die Veranstaltung geht doch tatsächlich die ganze Nacht durch und setzt sich am nächsten Tag sogar noch fort. Tazacorte im Ausnahmezustand!

Den Oktober begrüßen wir mit einem Wohnmobilausflug in den Süden der Insel. Der dortige Ort Fuencaliente verdankt seinen Namen einer heißen Quelle (spanisch: fuente caliente ). Im 16. und 17. Jahrhundert hat man ihr Wasser zum Beispiel bei Lepra oder Rheuma zur Heilung verwendet. Die Syphillis war damals stark unter den Spaniern verbreitet und auch dagegen sollte das Quellwasser helfen. Allerdings bedeckte der Vulkan San Antonio mit seinen Lavaergüssen seit dem Jahr 1677 die Heilwasserquelle. 

Erst 2005 wurde sie wiederentdeckt. Wie man sie einer erneuten Nutzung zuführen kann, ist bis heute noch unklar. Es gibt jedoch seit 2014 einen Wettbewerb für Ideen zur Errichtung eines Heilbades.

Ganz in ihrer Nähe, am „Playa de Echentive“, kann man aber in Naturbecken baden gehen, die ein Gemisch aus Atlantik- und Thermalwasser enthalten. In Flip Flops klettern wir also halsbrecherisch über das zerklüftete Vulkangestein, um im tiefsten der Tümpel ein Bad zu nehmen. Ich hätte nicht erwartet, dass ich beim Einstieg ins Wasser von einem neugierigen schwarzen Fisch angeglotzt werde. Der kommt mir irgendwie giftig und fehl am Platze vor, erweist sich aber als harmlos. Ein kurzes, aber wunderbares Badevergnügen!

Am 3. Oktober werden wir um 7.20 Uhr unsanft von unserem Wecker aus den Federn geklingelt. Aplysia hat einen Termin, denn sie wird, mit uns an Bord, an Land gestellt. Einige Reparatur- und Verschönerungsarbeiten am Schiff machen es notwendig. Für den Rest des Jahres wird den Bug unserer Segelyacht nun kein Wasser mehr umspülen. Wir stehen auf sechs kräftigen Ständern an Land und schwitzen bei weiterhin mehr als 30 Grad. 

Zunächst einmal beginnt unser Arbeitseinsatz mit einigen Anlaufproblemen. Es soll trotz eindeutig erkennbarer Freiflächen keinen Platz für uns auf der Arbeitsplattform geben. Nach einigem hin und her gibt es den dann aber doch! 

Holger beginnt mit dem Ausbau der Stopfbuchse und bricht dabei gleich ein wichtiges Werkzeug entzwei. Die Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzteils in den Baumärkten und Autowerkstätten der Umgebung stellt sich als unlösbares Problem heraus. So muss man eben aus einem anderen Teil das benötigte herstellen. Klappt zum Glück!

Holger schwitzt sich nun während seiner Innenarbeiten kräftig durch die nächsten heißen Tage. Der einzig verfügbare Monteur vor Ort ist Benjamin. Dieser kündigt an, dass er uns mit seinem Spezialwerkzeug zu Hilfe kommen wird. Es bleibt leider bei dem vollmundigen Versprechen . Holger baut die alte Fettstopfbuchse ganz alleine aus und die neue, nun exzellent mit Wasserschmierung funktionierend, letztendlich auch ganz alleine wieder ein. Dabei ständig auf dem Bauch zu liegen und kraftvoll nach unten in die engen Tiefen des Schiffes hinein zu arbeiten, hinterlassen zahlreiche Spuren auf seinem Körper. Rote und blaue Druckstellen, Abschürfungen und schmerzende Gelenke bleiben ihm als tagelanges Andenken leidvoll erhalten. 

Ein weiteres Sorgenkind ist unsere Wellenbuchse. Noch keine vier Jahre alt, muss auch sie erneut gewechselt werden. Ihre Beschaffung stellt glücklicherweise kein Problem dar. Für den Aus- und Einbau braucht man jedoch SPEZIALWERKZEUG! Und wer verfügt über solches? Richtig! Nach etlichen unerfreulichen „Mananas!“ kommt Benjamin dann mit dem passenden Arbeitsgerät vorbei und innerhalb von 30 Minuten ist tatsächlich alles erledigt. Geduld und kanarische Gelassenheit zahlen sich auf dieser Insel in der Regel immer aus! Hier hat das Leben sein ganz eigenes Tempo! 

Holger löst auch das Problem des abgebrochenen Toilettenventils, das uns schon seit Madeira begleitet, im Alleingang. 

Kein Ding ist für ihn der Ausbau der alten, fast komplett verstopften, und der Einbau von neuen Toilettenschläuchen. Allerdings sind diese Ersatzteile eigentlich für unseren französischen Bootsnachbarn Patrick bestimmt. Der muss nun wohl auf die nächste Schlauchlieferung hoffen. 

Und was habe ich in der Zwischenzeit getan? Ich habe mich um das Unterwasserschiff von Aplysia gekümmert und sie dabei mehrmals täglich von außen umrundet, immer auf der Flucht vor der brennend heißen Sonne. Zunächst einmal sorge ich mit der Schleifmaschine bewaffnet für jede Menge blauen Staub. Es zeigt sich, dass auch eine ordentliche Grundierung notwendig ist. Auf die hatten wir bisher immer verzichtet. Zum Schluss kommt dann das zweimalige Anstreichen des Bootsrumpfes mit dunkelblauem Antifouling. Nicht zu vergessen ist auch der schwarze Wasserlinienstrich, den ich ganz zu Beginn aufgetragen habe. Nach dem Lösen des schrecklichen Abklebebandes zeigt sich jedoch, dass ich diesen nachbessern muss. Somit bin auch ich zwei Wochen lang gut ausgelastet, schwitze viel und verspüre nun mittelschwere Verspannungen im Bereich der oberen Gliedmaßen. 

Am Ende hat Holger unserer Aplysia noch eine schicke Politur verpasst. Nun könnte unser hübsches Schiff eigentlich wieder zurück ins Wasser.

Wir werden Aplysia aber für eine längere Zeit an Land stehen lassen. Nach mehr als einem Jahr in der Ferne gibt es in Deutschland so manches zu erledigen. Außerdem freuen wir uns sehr auf ein Wiedersehen mit der Familie und den Freunden.

Währenddessen wird Aplysia, bereit zur nächsten großen Segeltour, hier geduldig auf uns warten: auf dem Trockenen stehend und unter palmerischer Sonne schwitzend!